Stromversorgung gesichert trotz Moratorium

 
Weniger Kernenergie – kurzfristig, vielleicht auch auf Dauer. Die Bundesregierung will die Energiewende beschleunigen. Die Stromversorgung ist gesichert, auch während die älteren Kraftwerke abgeschaltet sind.
 
Die Bundesregierung hat für alle Kernkraftwerke in Deutschland eine zusätzliche Sicherheitsprüfung angeordnet – mit offenem Ergebnis, wie die Bundeskanzlerin betonte. Während der drei Monate dauernden Sicherheitsprüfung stehen die sieben älteren Kraftwerke still (Moratorium).
 

 

 

 

Risiken neu bewerten

 
Die Reaktor-Sicherheitskommission führt zusammen mit den Behörden der Länder und dem Bundesumweltministerium die neue Risikoanalyse durch. Die Prüfer müssen dabei externe Risiken betrachten, die denen vergleichbar sind, die sich in Japan ereignet haben, beispielsweise: Terroranschläge, Flugzeugabstürze, Erdbeben, Hochwasser.
 
Sind die Sicherheitssysteme auch für diese so genannten Restrisiken eingerichtet? Ist die Notstromversorgung auch bei einem längeren Stromausfall ausreichend? Wie können die Sicherheit des Kraftwerks und der Zugang gewährleistet sein, wenn die umliegende Infrastruktur zerstört ist? Wie können die Betreiber die Kühlung der Brennelemente sichern, wenn alle Kühlsystem ausfallen? Diese und viele andere Fragen fließen in die Überprüfung ein.
 

Ethikkommission einberufen

 
Zusätzlich hat die Bundesregierung eine Ethikkommission "Sichere Energieversorgung" eingesetzt. Sie soll in einem umfassenderen Sinne Risiken bewerten und einordnen. Und sie soll sich mit der Frage befassen, wie die Bundesregierung den Übergang in das Zeitalter der erneuerbaren Energien praktikabel und vernünftig gestalten kann. Ziel ist ein breiter gesellschaftlicher Konsens über die Grundsätze der Energiepolitik.
 

Straffer Zeitplan

 
Mitte Mai wird die Ethikkommission die technischen Ergebnisse der Sicherheitsüberprüfung bekommen. Ende Mai soll ihr Votum vorliegen. Anfang Juni wird die Bundesregierung dann eine Gesamtentscheidung zur weiteren Nutzung der Kernkraft und zu Beschleunigung der Energiewende treffen. Die Grundlage hierfür sind weiterhin die ehrgeizigen Ziele des Energiekonzeptes.
 

Sicherheit wurde bereits erhöht

 
Im Rahmen der Laufzeitverlängerung hatte die Bundesregierung die Sicherheitsanforderung bereits erhöht. Die Betreiber sind zu Nachrüstungen verpflichtet, die weit über Forderungen aus den letzten Legislaturperioden hinausgehen. Beispielsweise müssen die Betreiber einen Nachweis erbringen, dass alle Komponenten auf eine längere Betriebsdauer ausgelegt sind. Zusätzliche Schulung des Personals gehört dazu. Auch bei den Kühlsystemen hatte die Bundesregierung erhebliche Nachrüstungen gefordert.
 

Auswirkung auf die Stromversorgung

 
Es ist nicht damit zu rechnen, dass das Moratorium die Stromversorgung beeinträchtigen wird. Deutschland hat in den vergangenen Jahren im Saldo mehr Strom produziert, als es im eigenen Land benötigt hat. Davon unabhängig bestehen erhebliche Leistungsreserven. Sie sind insgesamt mehr als doppelt so hoch wie die Gesamtleistung der jetzt vom Netz gegangenen Kernkraftwerke. Allerdings zählen dazu auch Kraftwerksleistungen erneuerbarer Energien, die schwanken und sich damit für die Grundlastversorgung nicht eignen.
 

Netze: Zusätzliche Eingriffe erforderlich

 
Für die Stromnetze stellt das Moratorium eine zusätzliche Herausforderung dar.
 
Im Verbundsystem in Europa ist eine Netzfrequenz von 50 Hertz zu halten. Diese Frequenz darf nur minimal schwanken. Dafür müssen Zufluss und Abfluss, das heißt die Produktion und der Verbrauch des Stroms im Gleichgewicht gehalten werden.
 
Mit dem vorübergehenden Stillstand der sieben Kernkraftwerke kann es regional zu einem Spannungsabfall kommen. Anderenorts können Leitungen an die Grenze der Belastbarkeit geraten. Dies führt dazu, dass Netzbetreiber voraussichtlich häufiger in das System eingreifen müssen. In Spitzenzeiten werden sie Kraftwerke zuschalten, um das Netz stabil zu halten. Schnell zu startende Anlagen wie Pumpspeicherkraftwerke, Gaskraftwerke oder gedrosselt betriebene Dampfkraftwerke werden teilweise innerhalb von Minuten hochgefahren.
 
Um die Netzsicherheit zu gewährleisen, sind Prognosen zum Stromverbrauch erforderlich. Da der Anteil an Wind- und Sonnenenergie steigt, wird es zum Beispiel immer bedeutsamer zu wissen, ob die Sonne scheint und wie der Wind weht.
 

Der Strommix in Deutschland

  • Kernenergie (23 Prozent)
  • Kohle (42 Prozent)
  • Gas (14 Prozent)
  • Erneuerbare Energie (17 Prozent)
  • Sonstige (4 Prozent)
 
Sieben Kernkraftwerke haben vor Ablauf des Jahres 1980 den Betrieb aufgenommen:Biblis A und B (Hessen), Neckarwestheim I und Philipsburg I (Baden-Württemberg), Brunsbüttel (Schleswig-Holstein), Isar I (Bayern), Unterweser(Niedersachsen). Sie werden für die Zeit des Moratoriums nicht in Betrieb sein. Für diese älteren Kraftwerke war auch nur eine Laufzeitverlängerung von acht Jahren vorgesehen, während die jüngeren Werke 14 Jahre länger laufen sollten. 

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