Fiskalvertrag: Grundstein einer neuen Stabilitätskultur in Europa

 

Der Fiskalvertrag ist unterzeichnet. Die Staats- und Regierungschefs der Euroländer setzten am 2. März beim Europäischen Rat in Brüssel ihre Unterschriften unter das internationale Abkommen zu mehr Haushaltsdisziplin. Acht weitere EU-Staaten schlossen sich dem "Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion" – so lautet der offizielle Titel – an.

Von der Riege der 27 EU-Staaten fehlen bisher nur das Vereinigte Königreich und die Tschechische Republik. Nach wie vor steht beiden Ländern der Beitritt zur neuen Stabilitätsunion weiter offen. Nun geht der unterzeichnete Vertrag in das nationale Ratifizierungsverfahren, das bis 15. Juni 2012 abgeschlossen sein soll.

Hierauf verpflichten sich die Vertragsparteien im neuen Fiskalvertrag:

Nationale Schuldenbremsen

Die Mitgliedsländern sollen innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten des Vertrages verbindliche, dauerhafte, vorzugsweise verfassungsrechtliche Regelungen einführen, die vorschreiben, dass das jeweilige jährliche konjunkturbereinigte Defizit künftig nicht mehr als 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) betragen darf.

Ähnlich wie bei der deutschen Schuldenbremse werden bei der Defizitberechnung konjunkturellen Schwankungen berücksichtigt. Einmaleffekte und außergewöhnliche Notsituationen bleiben bei der Kalkulation außen vor.

Die Umsetzung der Schuldenbremsen in nationales Recht wird durch die Europäische Kommission kontrolliert und durch den Europäischen Gerichtshof sichergestellt. Kommt die Europäische Kommission zu dem Ergebnis, dass ein Mitgliedstaat die Schuldenbremse fehlerhaft umsetzt, werden die übrigen Vertragspartner einzeln oder gemeinschaftlich vor dem Europäischen Gerichtshof auf die Einhaltung der Schuldenregel klagen. Die Nichtbefolgung einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs kann Zwangsgelder nach sich ziehen, die grundsätzlich an den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu zahlen sind.

Durch das Zusammenspiel von nationalen Schuldenbremsen und einem überzeugenden Sanktionsmechanismus erhalten die notwendigen Konsolidierungs- und Reformanstrengungen in Europa neben Glaubwürdigkeit auch Verbindlichkeit. Dies ist ein klares Vertrauenssignal an Konsumenten, Unternehmen und Finanzmärkte weltweit.

Verknüpfung des Fiskalvertrages mit dem ESM

Die Gewährung von Unterstützungsmaßnahmen durch den ESM ist eng mit dem neuen finanzpolitischen Vertrag verzahnt. Auf diese Weise unterstreichen die Staats- und Regierungschefs, dass finanzielle Solidarität und finanzielle Solidität zwei Seiten einer Medaille sind. Wer künftig Hilfen aus dem ESM-Vertrag in Anspruch nehmen will, muss die nach dem Fiskalvertrag erforderliche nationale Schuldenbremse eingeführt haben. Durch diese Verbindung besteht für die Mitgliedstaaten ein starker Anreiz für eine schnelle nationale Umsetzung der neuen Regeln.

Automatische Sanktionen

Die Einleitung eines bereits nach dem bisherigen Stabilitäts- und Wachstumspakt bei einer zu großen Neuverschuldung möglichen Defizitverfahrens erfolgt künftig automatisch. Übersteigt die Neuverschuldung den Referenzwert von drei Prozent kann nur eine qualifizierte Mehrheit im Rat der Wirtschafts- und Finanzminister das Verfahren noch stoppen.

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