Die Politik fordert Quoten für Frauen in Führungspositionen – und bleibt hinter den eigenen Zielen zurück.


Das Jahr 2013 könnte das 
Jahr der Frauen werden. Denn vielleicht kommt sie doch noch: die Frauenquote. In diesem Monat stimmt der Bundestag über einen Gesetzentwurf ab, der einen Frauenanteil von 40 Prozent für Aufsichtsräte vorsieht. Kommt die Quote, könnte sie unmittelbar mehr Frauen in Spitzenpositionen bringen, weil in diesem Jahr viele Aufsichtsratsmandate in deutschen Konzernen auslaufen. Allein in den größten Unternehmen, den Dax 30, sind mehr als 70 Posten neu zu besetzen. 

  • FÜR EINE FRAUENQUOTE
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  • Es geht um Chancengleichheit und Gleichberechtigung: Frauen stellen die Hälfte der Bevölkerung und sie sind genauso gut ausgebildet wie Männer.
  • Unternehmen, deren Führungsspitze aus Männern und Frauen besteht, erzielen bessere Ergebnisse.
  • Ein Großteil der Kaufentscheidungen wird von Frauen getroffen. 
  • Durch einen höheren Frauenanteil verbessert sich das Betriebsklima, die von Männern geprägten Spielregeln in Kommunikation und Karriereverhalten ändern sich mit mehr Frauen an der Spitze. 
  • Männer fördern eher Männer – und weil die Führungspositionen überwiegend mit Männern besetzt sind, rücken Frauen bei der Besetzung der Spitzenposten weniger ins Blickfeld. Es handelt sich um ein sich selbst erhaltendes System.
  • Frauen sind aufgrund ihrer geschlechtsspezifischen Sozialisierung oft nicht so stark darin, ihre Stärken und Erfolge zu kommunizieren. Sie machen weniger stark auf sich aufmerksam.
  • Es gibt viele Karrierenetzwerke und Eliteclubs, zu denen nur Männer Zutritt haben. Hier findet informelles Mentoring statt und hier werden die entscheidenden Karrierekontakte gemacht. Weil Frauen keinen oder nur schwer Zugang zu den Männernetzwerken haben, können sie von den Netzwerken kaum profitieren.

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Die Hoffnung ist groß: Schon die Androhung einer gesetzlichen Quote hat in der Vergangenheit Wirkung gezeigt. Inzwischen sind rund 20 Prozent derAufsichtsräte in den Dax-30-Unternehmen weiblich.

Die Politik macht Druck, und die Unternehmen bewegen sich – wenn auch langsam. Doch wie sieht es in den Bereichen der Wirtschaft aus, auf die der Staat direkten Einfluss hat: bei Unternehmen des Bundes, der Länder und der Städte? Dort tut sich immer noch wenig, wie eine neue Studie der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg belegt. Frauen stellen in vielen öffentlichen Unternehmen mehr als die Hälfte der Beschäftigten, doch an der Spitze sind sie kaum vertreten. Eine Forschergruppe um den Hamburger Verwaltungswissenschaftler Ulf Papenfuß hat dazu 449 öffentliche Unternehmen des Bundes, der Bundesländer und der Landeshauptstädte untersucht.

Die Städte schneiden in diesem Vergleich noch am besten ab. In städtischen Betrieben sind knapp 15 Prozent der Geschäftsleitungen mit Frauen besetzt. Allerdings gibt es gewaltige Unterschiede: In Schwerin stehen zu 30 Prozent Frauen öffentlichen Unternehmen vor, in Hannover und Mainz hat es keine einzige geschafft. Je größer das Unternehmen, desto weniger Frauen sind tendenziell an der Spitze vertreten. Es kommt auch sehr auf die Branche an: In Krankenhäusern, Sozialbetrieben und Kulturstätten sind Frauen in Top-Jobs relativ häufig zu finden, in der Entsorgungswirtschaft, bei Verkehrsbetrieben oder Stadtwerken so gut wie gar nicht.

Bei Unternehmen des Bundes und der Länder liegt der Anteil der Führungsfrauen bei unter zehn Prozent. In neun von zehn landeseigenen Unternehmen gibt es überhaupt keine Top-Managerin. In Baden-Württemberg, Niedersachsen oder Brandenburg findet sich keine einzige Frau.

In den Aufsichtsräten öffentlicher Unternehmen sieht die Sache etwas besser aus. Dort sind Frauen oft stärker vertreten als bei börsennotierten Gesellschaften. Doch anders als in der Privatwirtschaft hat der öffentliche Sektor in den vergangenen Jahren kaum Frauen hinzugewonnen. »Es ist vielfach Stillstand eingekehrt«, sagt der Studienautor Ulf Papenfuß.

Ein Grund dafür: Die öffentlichen Unternehmen stehen viel weniger im Fokus als private. So veröffentlicht das Bundesfamilienministerium seit einigen Monaten im Internet, welche Fortschritte die Dax-30-Konzerne bei der Frauenförderung machen. Öffentliche Unternehmen müssen sich hingegen kaum rechtfertigen. »Eine Quotendiskussion müsste es konsequenterweise auch bei den öffentlichen Unternehmen geben«, sagt Papenfuß.