Forschung ist die beste Medizin

 

 

Ali ist eineinhalb Jahre alt. Einen großen Teil seines Lebens hat er in Krankenhäusern verbracht. Der Grund ist ein komplizierter angeborener Herzfehler. Die Standard-Diagnostik mit Echokardiographie, Herzkatheter und MRT brachte nicht genügend Erkenntnisse darüber, ob die Ärzte die rettende Operation durchführen können. Zu kompliziert waren die Verhältnisse in seinem kleinen Herzen.
 
Nahezu eines von hundert in Deutschland geborenen Kindern kommt mit einem Herzfehler auf die Welt. Eine Operation ist meist unumgänglich. Das neu entwickelte Verfahren "RepliCardio" ist weltweit einzigartig und hat buchstäblich Modellcharakter.
 
Für Schicksale, wie das des kleinen Ali entwickelten das Kompetenznetz Angeborene Herzfehler (AHF) und das Deutsche Krebsforschungszentrum gemeinsam ein Verfahren, das lebensechte, individuelle Herzmodelle erstellt. Die plastischen Nachbildungen entstehen mithilfe von Daten der MRT, die auf einen 3-D-Kopierer übertragen werden.
 
Anschließend wird das Herz detailliert in einem Kunststoffmodel nachgebildet. Dieses erleichtert während eines Eingriffs die Orientierung am offenen Herzen und kann dadurch die Operationsdauer erheblich verkürzen. "Je kürzer, desto besser. Denn der Einsatz der Herz-Lungen-Maschine kann die weitere Entwicklung des Kindes negativ beeinflussen," betont Titus Kühne, Projektleiter im Kompetenznetz AHF.
 

 

 

 

Individualität bei Mensch und Medizin

 
Dank des individuellen Herzmodells konnte Ali erfolgreich operiert werden. Ohne die dreidimensionale Darstellung der seltenen Anatomie hätte sich kein Chirurg an den komplizierten Eingriff herangewagt. Heute ist Ali ein fröhliches und aktives Kind, vielleicht etwas zarter als seine Altersgenossen, aber seine schwere Geschichte merkt man ihm kaum an.
 
Die individuellen Herzmodelle sind einmalig und das Projekt "RepliCardio" beweist, dass sich die Zusammenarbeit zwischen Grundlagenforschung und klinischer Forschung bewährt.
 
"RepliCardio" ist ein Projekt aus dem Bereich der individualisierten Medizin. Diese bezieht bei der Krankheitserforschung individuelle Faktoren wie Geschlecht, Alter oder ethnische Zugehörigkeit ein. In Zukunft kann so für jede Patientin und jeden Patienten gezielt das optimale therapeutische Verfahren ausgewählt werden. Auch die Erforschung seltener Krankheiten zählt zu den Aufgaben der individualisierten Medizin.
 

Das Rahmenprogramm Gesundheitsforschung

 
Die Bundesregierung fördert die individualisierte Medizin als eines von insgesamt sechs Aktionsfeldern innerhalb des neuen Rahmenprogramms Gesundheitsforschung, das im Dezember 2010 verabschiedet wurde. Es gibt vor, in welche Richtung die medizinische Forschung in den nächsten Jahren läuft und legt deren Finanzierung an Hochschulen, Universitätskliniken und außeruniversitären Einrichtungen fest. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Programm im Zeitraum von 2011 bis 2014 mit rund 5,5 Milliarden Euro.
 
Der Leitgedanke des Rahmenprogramms besteht darin, Forschungsergebnisse rasch in die medizinische Versorgung umzusetzen. Patientinnen und Patienten sollen so in Zukunft schneller von Erfolgen in der Wissenschaft profitieren können.
 
Neben der individualisierten Medizin legt das Programm ein besonderes Augenmerk auf die gebündelte Erforschung von Volkskrankheiten, die Präventions- und Ernährungsforschung, die Versorgungsforschung, die Gesundheitswirtschaft und die globale Kooperation der Gesundheitsforschung.
 

Volkskrankheiten unter der Lupe

 
Durch den demographischen Wandel steigt die Zahl der Menschen, die an Volkskrankheiten leiden. Die Bundesregierung gründet sechs neue Deutsche Zentren der Gesundheitsforschung, die sich der Untersuchung dieser Erkrankungen widmen. Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen und das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung nahmen bereits 2009 ihre Arbeit auf. 2011 folgen weitere Zentren für Herz-Kreislauf-, Infektions-, Krebs- und Lungenforschung.
 

Vorbeugen statt Heilen

 
Wie wir uns ernähren, ob wir Sport treiben oder nicht, die Umwelt und unser sonstiges Verhalten hat Einfluss auf unsere Gene. Das Wissen darüber kann helfen, Volkskrankheiten wie Schlaganfällen vorzubeugen. Die Präventions- und Ernährungsforschung muss dafür weiter ausgebaut werden.
 

Was kostet Gesundheit?

 
Gesundheitsforschung ist nicht umsonst – und zwar im doppelten Sinn. Die Erforschung von Krankheiten bringt einerseits neue Therapieverfahren hervor, die jedem Patienten die bestmögliche Behandlung ermöglichen. Andererseits ist das mit hohen Kosten verbunden. Die Bundesregierung möchte Gesundheitsversorgung und wirtschaftliche Überlegungen in Einklang bringen und stellt dabei den Patienten in den Mittelpunkt.
 

Gesundheit als Wirtschaftszweig

 
Die Arzneimittelindustrie, Biotechnologie, Medizintechnik und auch die Versorgung mit medizinischen Dienstleistungen gehören zur Gesundheitswirtschaft. Die Bundesregierung trägt dazu bei, deren Innovationskraft zu erhöhen, indem künftig forschungsintensive Unternehmen gezielt bei der schnelleren Umsetzung von Forschungsergebnissen eingebunden werden.
 

Weltweite Zusammenarbeit

 
Internationale Zusammenarbeit ist auch für die Gesundheitsforschung wichtig. Die Bundesregierung verbindet Wissenschaftler und Institutionen über Grenzen hinweg und treibt die internationale Koordinierung von Forschungsprogrammen voran. Besonderes Gewicht liegt auf der Erforschung vernachlässigter und armutsbedingter Krankheiten in Kooperation mit Entwicklungsländern.
 
"Gesundheitsforschung trägt dazu bei, Leben zu retten und Leiden zu lindern," sagte Bundesforschungsministerin Annette Schavan. "Neue Erkenntnisse kommen nicht von selbst," meint sie und betont somit, dass die Gesundheitsforschung dringend gefördert werden muss. Das neue Rahmenprogramm Gesundheitsforschung nähme sich dieser Verantwortung an.

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