Nachfrage nach Arbeitskräften ist ungebrochen

 

 

"2011 ist ein gutes Jahr für den Arbeitsmarkt gewesen", bilanzierte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen die neuesten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. Die Zahl der Erwerbstätigen lag mit durchschnittlich 41,04 Millionen auf dem höchsten Wert.

Die Arbeitslosenquote war mit 7,1 Prozent auf dem niedrigsten Stand. Die robuste Wirtschaft und die Reformen am Arbeitsmarkt sorgten für eine steigende Nachfrage nach Arbeitskräften.

Im Jahresdurchschnitt waren im vergangenen Jahr 2,976 Millionen Menschen arbeitslos. Einen ähnlich niedrigen Wert gab es mit 2,979 Millionen 1992. 2010 waren es noch 263.000 Arbeitslose mehr. Die Quote lag entsprechend bei 7,7 Prozent. Die Arbeitslosigkeit hat sich in den letzten Jahren günstiger entwickelt, als dies bei gleicher Konjunktur noch vor zehn Jahren zu erwarten gewesen wäre.

Im Dezember 2011 war die Arbeitslosigkeit um 67.000 relativ geringfügig auf 2,780 Millionen Menschen gestiegen. Der witterungsbedingte Anstieg der vorangegangenen drei Jahre lag bei durchschnittlich 86.000. Saisonbereinigt sank die Arbeitslosenzahl jedoch um 22.000 Menschen. Die Arbeitslosenzahl lag im Dezember 2011 um 231.000 niedriger als im Dezember 2010.

Wie nachhaltig Arbeitskräfte nachgefragt werden, zeigt die Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Nach der Hochrechnung der Bundesagentur für Arbeit stieg sie zuletzt auf 29,02 Millionen. Das waren 719.000 mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigte als noch vor einem Jahr. Vollzeitbeschäftigung überwog dabei Teilzeitbeschäftigung.

Jugendarbeitslosigkeit ist niedrig

Von der Leyen hob die positiven Zahlen der Jugendarbeitslosigkeit hervor. Mit rund 300.000 liege die Rate bei 5,9 Prozent. Das sei nicht nur der niedrigste Wert seit der deutschen Einheit. Gleichzeitig sei die Rate damit nicht einmal halb so hoch wie im europäischen Durchschnitt.

Grafik: Arbeitsmarkt: Entwicklung im Dezember 2011

Die Nachfrage ist in fast allen Branchen ungebrochen. Stark gesucht waren zuletzt Fachleute für Mechatronik, Elektrotechnik, Energie, Metall, Logistik, Maschinenbau und Gesundheit. Waren vor 20 Jahren noch Dreifünftel der Erwerbstätigen im Dienstleistungssektor beschäftigt, so lag der Anteil 2011 bei Dreiviertel. In der selben Zeit halbierte sich der Anteil in der Land- und Forstwirtschaft auf inzwischen 1,6 Prozent. Im Produzierenden Gewerbe einschließlich Bau sank sie ebenso, und zwar von 36,1 Prozent auf 24,6 Prozent.

"Qualifikation ist das Tor zum Arbeitsmarkt", so von der Leyen. 44 Prozent der Arbeitslosen verfügten über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Der Trend zu Tätigkeiten, für die eine höherwertige Qualifikation gebraucht werden, hält an. Deshalb veränderten sich die Aufgaben der Bundesagentur. Sie müsste schneller von Job zu Job vermitteln. Ihre Maßnahmen müssten stark auf die Menschen mit mehreren Vermittlungshemmnissen abgestimmt werden.

Mehr Chancen für Ältere

"Die Nachfrage nach Arbeitskräften wird immer mehr eine Chance für Ältere", konstatierte von der Leyen. Unternehmen würden diese Chance immer mehr erkennen.

Von der Leyen ging auch auf die Unterbeschäftigung ein. In der Zahl - sie liegt derzeit bei 3,9 Millionen - würde sich die Zahl aller, die aktuell nicht in Vermittlung sind, widerspiegeln. Auch diese Zahl sei 2011 um 11 Prozent, also noch stärker als die Arbeitslosenzahl (8 Prozent) gesunken. Das zeige das Aufnahmevermögen des Arbeitsmarktes.

Interview mit Frank-Jürgen Weise, Chef der Bundesagentur für Arbeit

Wie schätzen Sie die Perspektive auf dem Arbeitsmarkt in 2012 ein?

Wie sich der Arbeitsmarkt in diesem Jahr entwickelt, ist von vielen Faktoren abhängig und angesichts der wirtschaftlichen Unwägbarkeiten nur schwer vorhersagbar. Die Prognosen für die durchschnittliche Arbeitslosigkeit 2012 reichen von 2,8 Millionen bis zu 3,0 Millionen. Die gute Botschaft lautet also: Wir bleiben aller Voraussicht nach unter der Marke von drei Millionen.

Worin sehen Sie die größten Herausforderungen für die Bundesagentur für Arbeit?

Auch wenn die Zahl der Arbeitslosen im Moment auf einem langjährigen Tiefstand angekommen ist, bleiben viele Herausforderungen: Nach wie vor haben wir große regionale Unterschiede. Die Arbeitslosenquoten in Deutschland reichen aktuell von weniger als 1,8 Prozent in Freising bis zu 14,5 Prozent in Sangerhausen. Außerdem tun sich viele Menschen sehr schwer, dauerhaft am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Beispielsweise weil sie lange beschäftigungslos waren oder über keine Ausbildung verfügen. Vor allem in der längerfristigen Perspektive wird dies von Bedeutung sein. Denn angesichts des demographischen Wandels können wir es uns nicht leisten, Potenziale ungenutzt zu lassen. Egal ob Menschen mit qualifikatorischen Defiziten oder Frauen, die nicht wie gewünscht arbeiten können, weil sie keine Unterstützung bei der Betreuung von Kindern oder älteren Angehörigen bekommen.

Welche Arbeitsuchenden bzw. Maßnahmen stehen dabei im Mittelpunkt?

Im Mittelpunkt steht natürlich die Sicherung des Fachkräftebedarfs der Unternehmen. Neben dem inländischen Potenzial werden wir, wenn nötig, auch bei der Suche nach ausländischen Fachkräften unterstützen. Und wir wollen noch stärker präventiv arbeiten, Arbeitslosigkeit möglichst zu verhindern. Das betrifft zum Beispiel die Berufsorientierung, aber auch die Weiterbildung beschäftigter Arbeitnehmer. So führen wir 2012 das Sonderprogramm "Weiterbildung gering qualifizierter und älterer Beschäftigter in Unternehmen" weiter.

Die Fragen stellte Susanne Kasten
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