Über vier Jahre wartet Leif Steinecke auf eine Niere

 

 

Leif Steinecke ist Rechtsanwalt. Der Arbeitstag eines Rechtsanwaltes hat durchschnittlich 50 Stunden pro Woche und viele Termine außerhalb des Büros. Steinecke, 50 Jahre alt, ist seit seinem zweiten Lebensjahr nierenkrank. 35 Jahre war er, als er dialysepflichtig wurde. Mit dem Thema Organtransplantation hat er sich bis zum Beginn der Dialyse nicht ernsthaft beschäftigt. "Vielleicht war das ja bis dahin nur ein Thema in meinem Unterbewusstsein", sagt Steinecke und lächelt freundlich. Aber mit der Dialyse wurde es aktuell.

Dialyse rettet Leben, schränkt es aber auch ein

Bei einer schweren Nierenschwäche oder dem vollständigen Funktionsverlust der Nieren muss das Blut mithilfe von künstlichen Filtermembranen von schädlichen Stoffen befreit werden (Dialyse).

Dreimal pro Woche wurde er für fünf Stunden an das Dialysegerät angeschlossen. Das war sehr zeitaufwändig und ein großer Einschnitt in sein Leben. "Ein Dialysetag ist wie ein voller Arbeitstag. Er ist anstrengend und zehrt an den Kräften." so Steinecke. Eine Berufstätigkeit als Jurist war nicht mehr möglich. Er habe es versucht, betont Steinecke, sich dann aber während dieser Zeit für die Erwerbsminderungsrente entschieden.

Dialyse bedeutet, sich bei der Ernährung einzuschränken.

Dialysepatienten sollen höchstens einen halben Liter pro Tag trinken. Durch die Nierenschwäche kann es zu einer Anhäufung von Kalium im Körper kommen, die zu schweren, teils lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen führen kann. Empfehlenswert ist eine kalorien- und vor allem eiweißreiche Ernährung. Durch die Nierenschwäche kann sich Phosphat im Körper ansammeln. Deshalb müssen viele Dialyse-Patienten bei jeder Mahlzeit Tabletten einnehmen, die das Phosphat binden. Bei der Dialyse kommt es zu einem Verlust von wasserlöslichen Vitaminen (vor allem B-Vitaminen), der medikamentös ausgeglichen werden muss.

Auch den Urlaub muss man anders planen: Ein Dialysezentrum muss am Urlaubsort erreichbar sein.

Prognose mit Transplantation besser

Ist der Verlust der Nierentätigkeit nicht wieder herstellbar, prüfen Ärzte ob der Patient für eine Transplantation geeignet ist. Die Entscheidung ist abhängig vom genauen Krankheitsbild und der Prognose für das zukünftige Leben. Ärzte klärten Steinecke auf, dass er mit einer Transplantation bessere Prognosen für die Lebenserwartung habe als mit der Dialyse. Grund sind im Blut verbleibende Schadstoffe. Ein Gerät arbeitet niemals so gründlich wie das menschliche Organ.

Mit knapp 37 Jahren wurde Leif Steinecke auf die Warteliste für eine Nierentransplantation gesetzt.

Gesund leben erfordert Disziplin

"Während der Zeit der Dialyse habe ich sehr viel Sport gemacht. Mein Ziel war: Ich wollte fit sein für die Transplantation" sagt Steinecke. "Täglich Rad fahren oder mehrere Kilometer Joggen. Ich bin da sehr diszipliniert. Aber nicht allen Menschen ist es aus gesundheitlichen Gründen möglich so viel Sport zu treiben."

Handy nicht eingeschaltet – Transplantation erst nach 24 Stunden

Viereinhalb Jahre musste Leif Steinecke auf die neue Niere warten. "Die Nachricht: Jetzt ist es soweit - die Niere ist da -, traf mich dann doch überraschend", erzählt Steinecke. Er hatte sich damals, extra für diesen Fall, ein Handy angeschafft. Während eines Urlaubs ruft am Abend aufgeregt der Sohn an. Das Transplantationszentrum habe sich gemeldet und könne ihn nicht erreichen. Grund: Er hatte ausgerechnet an diesem Tag sein Handy ausgeschaltet.

"Ich habe gar nicht damit gerechnet, dass mein Rückruf im Transplantationszentrum noch rechtzeitig kommt. Aber es hat doch noch geklappt, auch 24 Stunden später," fährt Steinecke fort. Die Transplantation war am 06. Februar 2002. Er sei seinem Spender sehr dankbar, so Steinecke.

Organspende ist Chance für ein neues Leben

Heute arbeitet Leif Steinecke wieder als Rechtsanwalt. Er unterstützt vor allem Patienten bei der Anerkennung von Schwerbehinderung, Erwerbsminderung und Bewilligung von Rehabilitationsmaßnahmen. Viele seiner Klienten haben eine Transplantation hinter sich.

Trotz vieler Einschränkungen durch Medikamente, die verhindern, dass das neue Organ abgestoßen wird, sei die Transplantation eine Chance für ein neues Leben. Jeden Tag sterben drei Menschen, weil kein geeignetes Spenderorgan zur Verfügung steht. Steinecke ist für eine Widerspruchslösung im neuen Transplantationsgesetz. Er kennt die Einwände, wie: "Was muten wir den Menschen zu, aktiv zu werden, wenn sie nicht spenden wollen?" Aber die Frage müsse doch lauten: "Was muten wir den Menschen zu, die auf ein neues Organ warten?"

"Auch jetzt, Jahre nach der Transplantation, bemühe ich mich um einen gesunden und vernünftigen Lebensstil. Das bin ich auch dem Spender schuldig. Ich möchte zeigen, dass sich die Transplantation gelohnt hat," so Steinecke.

Inhaltsverzeichnis
Nach oben