Frauen im Management

Wir warten nicht auf die Quote

 

 

Doch, es gibt sie, Frauen in Führungspositionen. Jede zweite von ihnen wurde schon diskriminiert, zeigt eine Umfrage. Trotzdem zweifeln sie an der Kraft der Quote und fordern stattdessen konkrete Lösungen: Es muss doch zum Beispiel möglich sein, eine Abteilung in Teilzeit zu leiten.


Warum sitzen im Top-Management deutscher Firmen so wenige Frauen? Und wie kann man diesen Zustand ändern? Diese Fragen sind in den vergangenen Wochen kontrovers diskutiert worden. Dabei gerät eine Gruppe leicht aus dem Blick, die viel größer ist: das mittlere Management. Das klingt zwar nicht gerade sexy, ganz unabhängig vom Geschlecht, doch auf dieser Hierarchiestufe wird ein Gutteil der Organisationsarbeit in den Firmen geleistet.

 

 
Mittelmanager leiten Abteilungen und setzen die großen Vorgaben aus den oberen Etagen um. Sie kennen die Angestellten des Betriebs gut und haben häufig auch Kundenkontakt - anders als die Vorstände. Wenn Geschlechterverhältnisse tatsächlich entscheidend dafür sind, dass ein Unternehmen gut funktioniert, dann gilt das ganz besonders auf dieser Ebene.

 

Wie sieht es also aus im mittleren Management? "Nur 23 Prozent der Neubesetzungen entfallen hier auf Frauen", sagt Bernhard Walter, Senior-Berater bei der Personalberatung Rochus Mummert. "Das klingt zunächst viel, aber nur weil die Anteile in anderen Bereichen der Wirtschaft noch niedriger sind. Damit kann man sich auf keinen Fall zufriedengeben."

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Mit einer Umfrage hat Walter versucht, sich ein Bild davon zu machen, wie die betreffenden Frauen die Situation selbst empfinden. Überraschendes Ergebnis: Rund die Hälfte der Befragten denkt, dass sich ihre persönliche Situation durch die Einführung einer Frauenquote gar nicht verändern würde. Für jede zweite Mittelmanagerin geht die Diskussion um eine Quote an ihren Bedürfnissen vorbei.

 

Führung in Teilzeit ist wichtiger als eine Quote

Damit unterscheidet sich ihre Haltung deutlich vom Führungskräftenachwuchs, aber auch von den Top-Frauen. "Im mittleren Management beobachten wir, dass Frauen beim Thema Gleichberechtigung geradezu verzweifelt sind", erläutert Walter. Es sei nicht so, dass eine Quote dort auf wirkliche Ablehnung stoße. Sie bringe dieser Frauengeneration nur nichts: "Bis eine Quote den erhofften kulturellen Wandel herbeiführen könnte, sind sie vielleicht nicht mehr im Berufsleben. Ihre Probleme, Beruf und Familie im Alltag unter einen Hut zu bekommen, sind dagegen sehr präsent und drückend."

So geht die Ernüchterung beim Quoten-Thema einher mit praktischen Forderungen: Wirksame Regelungen zur flexiblen Arbeitszeit, ausreichende Betreuungsplätze sowie Möglichkeiten, eine Führungstätigkeit auch in Teilzeit auszuüben - das ist vielen Befragten wichtiger als eine Quotenregelung.

Rund die Hälfte von ihnen gibt an, schon einmal auf einen Karriereschritt verzichtet zu haben, weil die Rahmenbedingungen nicht passten. Das berichten - wenig überraschend - vor allem Frauen, die Kinder unter 18 Jahren haben. Alles, was solche Entscheidungssituationen erleichtert, ist ihnen willkommen.

Aus seiner Beratungstätigkeit weiß Walter: "Führung in Teilzeit ist in den meisten Unternehmen heute noch eine unrealistische Forderung. Aber bereits in fünf bis zehn Jahren kann sich die Situation ganz anders darstellen. Das hängt nicht zuletzt an Anreizen, die der Gesetzgeber und die Unternehmen liefern."

Selbst in Norwegen werden Frauen benachteiligt

Eine eigene Umfrage zu diesem Thema hatte Walter bereits vor einem Jahr durchgeführt: Danach könnten sich drei Viertel der deutschen Arbeitnehmer gut vorstellen, unter einem Teilzeit-Chef zu arbeiten - oder einer Teilzeit-Chefin. Mangelnde Akzeptanz für solche Konstruktionen kann also nicht als Ausrede herhalten.

 

 
Tatsächlich hält Walter die Quote nicht für geeignet, um schnelle Verbesserungen herbeizuführen. Sie habe zwar eine "Ausstrahlungswirkung", die langfristig die Arbeitskultur in der Gesellschaft verändere - und das sei auch nötig. Aber eine Quote sei kein Garant dafür, dass sich schon bald mehr Frauen in der Wirtschaft einbringen können. Das belegt er mit dem Paradebeispiel Norwegen, wo 40 Prozent der Aufsichtsräte mittlerweile weiblich sind: "Selbst hier liegt der Frauenanteil im operativen Management, das heißt in den Geschäftsführungen, nur bei zwei Prozent."

 

In der aktuellen Studie seiner Beratungsfirma finden sich außerdem zwei brisante Zahlen. Bei der einen geht es um konkrete Diskriminierung: 51 Prozent der befragten Frauen hatten schon einmal das Gefühl, dass ihnen ein Karriereschritt verweigert wurde, weil sie Frauen sind. Wobei Walter im Vorfeld vermutet hat, dass dieser Anteil noch etwas höher ausfällt.

Die andere Zahl sollte den Unternehmen verdeutlichen, warum sie die Bedürfnisse der Frauen im Management besser nicht ignorieren: 18 Prozent von ihnen planen, im Lauf der kommenden zwölf Monate ihren Arbeitgeber zu wechseln. Die wichtigsten Wechselgründe: schlechte Bezahlung - und fehlende Möglichkeiten, in Teilzeit zu führen.

 
Matthias Kaufmann ist Online-Redakteur beim manager magazin.

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