Wird der Vorschlag der EU-Kommission zur Frauenquote Gesetz, wäre dies ein Erfolg für Europas Frauen. Doch er ändert nicht die Machtverhältnisse, kommentiert Tina Groll.
Auf diesen Tag haben Lobbyistinnen, Politikerinnen, Feministinnen und moderne Männer lange gewartet: Die Frauenquote für die Wirtschaft ist in Brüssel auf den Weg gebracht worden. Die vorgeschlagene Quote für die Aufsichtsräte der rund 5.000 börsennotierten Firmen in der EU ist ein wichtiger und vor allem symbolischer Schritt für die Gleichstellung der Geschlechter in Europa.
EU-Kommissarin Viviane Reding hat lange für die Quote gekämpft. Vor allem aber musste sie viele Kompromisse eingehen: Die Frauenquote wird nur für die Aufsichtsräte gelten, nicht aber für die Vorstände der Unternehmen. Die Kontrollgremien sind zwar wichtig, weil hier die Entscheidungen darüber getroffen werden, wer es in die echten Machtpositionen der Wirtschaft schafft – aber die Vorstandsposten werden deshalb nicht automatisch mit Frauen besetzt. Anders als ursprünglich geplant, sieht das Gesetz keine konkreten Sanktionen vor gegen Unternehmen, die die Quote nicht erfüllen. So bleibt offen, ob und wie die Mitgliedsstaaten sie bestrafen werden. Und Länder, die schon "effiziente Regelungen" zur Förderung von Frauen haben, werden von der Quotenregelung ganz ausgenommen sein.
FÜR EINE FRAUENQUOTETrotz dieser Kompromisse ist Redings Quote ein wichtiges Symbol. Allerdings ist noch unklar, ob der Vorschlag das EU-Parlament passiert, und dann von den Mitgliedstaaten angenommen wird.
Die Machtverhältnisse aber wird das Gesetz nicht ändern. Denn die Spielregeln der Macht sind zu lange ohne weibliche Teilhabe aufgestellt worden.
Die Quote zeigt allerdings, dass Frauenbündnisse mächtig sein können – über Parteien und Ländergrenzen hinweg. Überall in Europa haben sich Politikerinnen, Unternehmerinnen und Lobbyistinnen vernetzt und systematisch Druck aufgebaut. Immerhin.Zwar könnte durch die Quote der Weg nach oben durchlässiger werden, doch gleichberechtigt sind Frauen in Führungspositionen noch lange nicht. Das zeigt sich auch daran, dass sie in ganz Europa weniger Lohn für ihre Arbeit erhalten – auch bei gleicher Qualifikation und gleicher Tätigkeit. Dieser sogenannte Gender Pay Gap existiert in den Führungsetagen ebenso wie in Aufsichtsräten und Vorständen. Sonderbar: Nicht einmal in Zeiten der Euro-Krise scheint es sich für Firmen zu lohnen, die Entscheidungsgremien mit günstigen Frauen zu besetzen.