Timo Toots -Memopolis

Einzelausstellung

 

 

14. Dezember 2012 - 24. Februar 2013

Eröffnung: 13. Dezember 2012, 19:00 Uhr

Pressegespräch: 12. Dezember 2012, 14:00 Uhr

Aktuelle und zukünftige Datensammlungen und Überwachungsszenarien inszeniert der estische Künstler Timo Toots in seiner ersten großen internationalen Einzelausstellung im Edith-Russ-Haus für Medienkunst. Soziale Netzwerke, Geo-Lokationen oder biometrische Erkennungsmerkmale zeigen sich in Memopolis als reale, technische Entsprechungen von dystopischen Roman-Vorlagen, mittels derer im Internet ein zunehmend detailliertes Abbild von konkreten Personen entsteht.

 

Die interaktive Installation Memopol II (2010) im oberen Ausstellungsraum macht personenbezogene Daten aus dem Internet sichtbar. Memopol II nimmt, gestartet durch das Anlegen von Personalausweis oder Reisepass seine Internet-Suche auf und erstellt aus digitalen Spuren von Datenbanken und Websites das Profil des Nutzers. Gezeigt wird dessen Informationsfeld auf einem großen Kontrollboard, das neben Auskünften zur Popularität der Person auch ihr mögliches Todesdatum ermittelt. Die übermächtige, physische Präsenz des materiell-gewordenen Überwachungsapparats kommentiert ironisch die subtilen, alltäglichen Methoden der Datensammlung im Internet, deren Vielfalt, Verwertungsmöglichkeiten und Speicherungskriterien wenig transparent sind.

Innerhalb seiner ersten großen internationalen Einzelausstellung Memopolis entwirft der estische Künstler Timo Toots die dunkle Utopie einer Stadt, die auf totaler Überwachung basiert. Ähnlich ihren literarischen und filmischen Vorbildern istMemopolis eine Welt, in der es kein Vergessen gibt: alles wird registriert, klassifiziert, gespeichert und archiviert. In Zeiten unbegrenzter Speichermöglichkeiten von Datenspuren im Internet konfrontiert Toots Besuchende mit ihrem virtuellen Gegenüber und deren häufig erschreckender Genauigkeit.

Toots fiktionale Stadt Memopolis zeigt heikle Nutzungsmöglichkeiten und zunehmende Ausmaße digitaler Kontrolle im Internet. Befreit von Geheimnissen, denn jede Lebensäußerung wird zu Daten gemacht, entstehen die Bürger von Memopolis: Perfekte, absolut transparente Bewohner, die von Informationsflüssen am Leben gehalten werden. Datenströme erschließen unaufhaltsam unerschlossene Territorien der öffentlichen und privaten Sphäre, um gesellschaftliche Mängel vorauszusehen und zu eliminieren. Automatisierte Kontrollapparate werden zur höheren und moralischen Instanz in der Bewertung und Regulation von Handlungen und Gedanken.

Memopolis verhärtet die düstere Ahnung, dass sich mit zeitgenössischer Technik die kühnsten Kategorisierungsfantasien mittels im Internet verfügbarer Daten längst realisieren ließen.

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