Kein Ansturm auf Ärzte ohne Gebühr

Büro-Aufwand gesunken

 

 

 

Anna Maria Weiss

OLDENBURGViele gesetzlich Krankenversicherte freuen sich sicherlich: Seit 1. Januar müssen sie für ihre Arztbesuche keine Praxisgebühr mehr zahlen. Einen Ansturm auf die Wartezimmer hat der wegfallende Kostenfaktor bei den Oldenburger Ärzten aber eher nicht ausgelöst, auch wenn manch einer ein wenig damit gerechnet hatte.

Dr. Volker Nüstedt, Hausarzt und Vorsitzender des Oldenburger Ärzte-Vereins, sagt: „Ich hatte schon einen Effekt erwartet, der Ansturm ist aber ausgeblieben.“ Dass die Oldenburger Arztpraxen zurzeit dennoch voll sind, liegt mit an der Grippewelle. „Die Leute, die jetzt in Praxen kommen, wären wohl auch mit Gebühr gekommen.“

Genaue Zahlen für Oldenburg liegen aber noch nicht vor, wie Helmut Scherbeitz, Geschäftsführer der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen, Bezirksstelle Oldenburg sagt. Abgerechnet wird quartalsweise, so gibt es Zahlen erst im April. Mit einer Auswertung sei nicht vor Juni zu rechnen.

Die aktuellen Patientenzahlen in der Praxis von Nü-stedt lassen sich jedoch mit denen des Vorjahreszeitraums vergleichen. Dennoch geht der Mediziner davon aus, dass zwei bis fünf Prozent der Patienten, besonders aus einkommensschwachen Gruppen, wegen der Praxisgebühr schon auf Arztbesuche verzichtet hätten.

Diesen Faktor der Praxisgebühr kritisiert auch Dr. Uwe Lange, Sprecher der Hausärzte der Oldenburger Bezirksstelle der Kassenärztlichen Vereinigung, auch wenn er die Abschaffung der Gebühr sonst eher ambivalent sieht. „Ich habe massive Bedenken gegen ein Instrument, dass Patienten den Zugang zu Ärzten erschwert, allerdings hatte die Praxisgebühr auch durchaus eine Steuerungsfunktion.“ Lange sieht nun vor allem die Gefahr, dass Patienten wieder vermehrt von sich aus Fachärzte aufsuchen, weil sie denken, hier an der richtigen Adresse zu sein, statt erst mit dem Hausarzt zu sprechen und sich überweisen zu lassen.

„Ich könnte mir schon vorstellen, dass jetzt auch wieder vermehrt eine zweite, kostenlose Meinung eingeholt wird“, sagt er, betont aber: „Das macht es für die Patienten aber in den meisten Fällen nicht besser.“ So sieht es auch Helmut Scherbeitz. „Wir appellieren an die Hausärzte, auch weiter Überweisungen auszustellen und die meisten halten sich auch daran.“ In aller Regel lotse ein Fachmann besser durch die medizinische Landschaft.

Auffällig sei aber vor allem der gesunkene Verwaltungsaufwand ohne die Praxisgebühr. „Im ganzen Praxisablauf geht es jetzt wieder schneller, Erstaufnahmen werden einfacher, man muss weniger erklären und nicht mehr kassieren. So spart man pro Patient bestimmt eine Minute“, fasst Volker Nüstedt zusammen.

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